Welches sind die Geschichten hinter den Geschichten, die wir uns erzählen, das, was nicht ausgesprochen wird, vielleicht nicht ausgesprochen werden kann? Die Arbeit der FEINE ESSENZ AG dreht sich um die Suche und die vorsichtige Offenlegung dieses sensiblen Kerns, angetrieben von dem Wunsch, zu mehr gegenseitigem persönlichen und gesellschaftlichem Verständnis beizutragen.
Die Leipziger Compagnie wurde von Lykke Langer gegründet, sie arbeitet mit wechselnden AkteurInnen an dokumentarischen und autobiografischen Theaterprojekten: vielschichtig und streitbar, poetisch und politisch.
ELEANORA ALLERDINGS – Konzept & Regie
Eleanora hat ihre ersten sechs Lebensjahre in der ehemaligen Sowjetunion verbracht. Die DDR war ein Sehnsuchtsland unter den dortigen Russlanddeutschen, aber ohne Aussicht, dorthin zu kommen.
Ihre Schwester und sie hatten Glück und auf vermutlich dubiosen Wegen ein paar Kinderbücher und Puppen aus der DDR bekommen, die Puppe von Eleanora hieß „Gretele“ und konnte ihre Augen öffnen und schließen …
An der Freien Universität Berlin hat sie zu Zeiten Gorbatschows zwei Jahre Slavistik studiert, später Tanz und Choreografie in den Niederlanden, noch später wurde sie Theaterpädagogin und Stimmlehrerin. Immer wieder hat sie in ihren Stücken Herkunft und Heimat thematisiert – mit „Winterkind“ begleitet sie zum ersten Mal die Autobiografie einer anderen Frau aus einem anderen Osten – Wostok. Ganz anders, und doch in manchen Grundtönen vertraut.
Gretele und Ilja sind sich nie begegnet – was würden sie wohl einander zu erzählen haben?
MIHO KASAMA – Video-Design
Miho wurde in Hokkaido, der nördlichen Insel von Japan geboren. Sie erinnert sich daran, als sie neun Jahre alt war, die deutsche Wiedervereinigung im Fernsehen gesehen zu haben. Sie machte sich damals keine Gedanken über Politik, dennoch verteilte sie als Schulkind mit ihrem Hund die Linke Zeitung, da ihr Vater Wähler der kommunistischen Partei Japans war. Später hat sie sich immer wieder für die jüngere deutsche Geschichte interessiert, die sie einzigartig findet.
Nachdem sie traditionelles Kunsthandwerk in Japan studiert hat, kam sie 2005 nach Deutschland, um zeitgenössische Freie Kunst zu studieren. Seit Ihrem Abschluss als Meisterschülerin arbeitet sie als Videodesignerin und Videotechnikerin für die Freie Szene im Bereich Tanz und Theater.
KLAUS EICHLER – Creative Producer Videos
Klaus ist westliches Küstenkind, aber er sagt, er habe die schönsten Tage seiner Kindheit im Erzgebirge verbracht. Vielleicht, weil es immer Traum-Urlaub war. – Die Herzlichkeit, die er sonst in der Form nicht kannte, und auf dem Weg in den Westen war immer ein Riesen-Sack „Ostbrötchen“ im Gepäck. Der Fall der Mauer gab ihm schließlich eine neue Heimat – in Leipzig.
Klaus liebt das Bild – weil es die Wahrheit sagt. Und dennoch nicht die Ganze. Filmbilder in eine Montage gebracht, sind für Klaus eine Parabel über das Leben.
Heute arbeitet Klaus als Filmeditor, Regisseur und Buchautor. Er findet, dass es wichtig ist, sich auf seine Wurzeln zu besinnen – wozu er besonders das Gefühl von Freiheit, Offenheit und gelebter Demokratie zählt.
ILJA
Ilja wurde in Sonneberg / Thüringen geboren und hat seine ersten Lebensjahre in Leipzig verbracht, bis er Anfang der 1980iger zu einer Mission in den Westen aufgebrochen ist. In den folgenden Jahren hat er die Welt bereist und hier viele Erfahrungen gesammelt. Anfang der 2000er Jahre ist Ilja dank seines aufmerksamen Pflegevaters wieder nach Hause zurückgekehrt.
Seitdem lebt Ilja wieder in Leipzig und arbeitet hier als freiberuflicher Performer. Außerdem ist er freier Berater bei Baikonur Space.
NELE STERNBERG – Bühne und Kostüme
Nele ist zwar erst am Ende der DDR in Cottbus auf die Welt gekommen, trotzdem hat sie einiges aus dieser Zeit mitbekommen. Auch in ihrer Familie gab es Erlebnisse mit dem Wochenheim und Druck von der Stasi.
Nachdem sie ihr Studium im Bereich Modedesign mit Bachelor und Master (2015) an der schon zu DDR-Zeiten berühmten Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle abschloss, konnte sie sich im Kostümbild erst richtig frei entfalten und arbeitet neben dem MDR für Film-, Tanz und Theaterprojekte.
CLARA HOFMANN – Produktionsleitung
Claras Geburtstag liegt am Anfang des Endes der DDR: am 11.9.1989 um 0 Uhr öffnet Ungarn seine Westgrenze für alle DDR-BürgerInnen. Sie ist zwar demnach in der BRD aufgewachsen, hat aber noch die kreisrunde Narbe der Pockenimpfung und kennt sämtliche Widrichkeiten eines Ölofens. Außerdem hat sie stark vom Begrüßungsgeld profitiert in Form eines pastellbunten Kuschelhundes. Bis zur vergangenen Wahl hatte sie das Gefühl mit dem Besten aus beiden deutschen Welten großgeworden zu sein.
Heute arbeitet sie als Kuratorin, Autorin und Produktionsleiterin in Leipzig. Ihre Arbeit kreist um feministische Methoden, Mechanismen der Geschichtsschreibung, den öffentlichen Raum oder politische Bewegungen und Aktivismus.
ANTONIA KERN – Produktions- und Regieassistenz
Geboren Anfang 1990, war Antonia ein Kind der Wende und die
DDR war für sie keine ferne Vergangenheit, sondern ein lebendiger Teil ihrer Kindheit und Jugend in Brandenburg. Die Erinnerungen an diese Zeit zwischen zwei Welten sind geprägt von den Veränderungen, die die Wiedervereinigung mit sich brachte. Die kühle Distanz, die sie von den Erwachsenen um sich herum spürte, hat sie bis heute nicht ganz losgelassen – vielleicht friert sie
deshalb schneller als andere.
Ihr Weg führte sie von der Provinz in die Großstadt, von der Leichtathletik zur Kulturarbeit. Sie interessiert sich für Geschichten
rund um Identität und Zugehörigkeit und lebt in Leipzig, wo sie sich zu Hause fühlt, trotz der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Kälte…
LYKKE LANGER – Konzept & Performance
Lykke wird immer wieder gefragt, wie sie es gemacht hat, dass ihrem Winterkind nicht mehr so kalt ist heute. Sie erzählt dann, dass sie die letzten fünf Jahre immer tiefer in ihren inneren Teich getaucht ist – auch dahin, wo das Wasser nicht mehr blau und warm ist. Möglich war das, weil sie wunderbare Frauen um sich hatte, die sie begleitet und immer wieder an die Wasseroberfläche geleitet haben, wenn es auf dem Grund zu schwarz und schlammig wurde.
Irgendwann hat sie gemerkt, dass sie bestimmte Erfahrungen mit vielen anderen Menschen teilt und diese ans Licht möchten. Damit sie gesehen werden. In ihrem Fall ist das die Theaterbühne fürs WINTERKIND.